Friedens- und Sicherheitspolitik Online

Informations-Plattform zum tagespolitischen Colloquium am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

Mittwoch, Dezember 14, 2005

Policy-Empfehlungen zur internationalen Ugandapolitik

von Stefan Skupien

Die Lord Resistance Army stellt Analysten und Beobachter vor einige Schwierigkeiten. Die im Norden Ugandas tätige Rebellenarmee bewegt sich in einer politischen Grauzone, weil sie zwar keine klar definierte und zielstrebig verfolgte staatspolitische Programmatik aufweist, aber dennoch eine Form der Vergesellschaftung darstellt, auch wenn kein direkter Anspruch auf Territorium erhoben wird. Damit ist sie Gegenstand der politikwissenschaftlichen Analyse, mehr noch seitdem das Ausmaß der Gewaltanwendung ein Politikum darstellt.

Demnach müssen zuallererst die Größe, Organisationsstrukturen und Motive der Gruppe, bzw. ihrer Führung herausdestilliert werden, um angemessene Handlungen generieren zu können. Sollte es sich nämlich um eine Mafiaähnliche Gewaltökonomie, in diesem Fall auf der Entführung von Kindern basierend, handeln ergibt sich ein klarer Auftrag an die bewaffneten Streitkräfte Ugandas die Rebellen zu entwaffnen und ihr Wirkungsgebiet zu befrieden. Neben dieser betont militärischen Komponente spielten die Friedensverhandlungen lediglich eine unterstützende Funktion, indem sie jegliche Gewalteskalationen durch Amnestieangebote zu unterbinden versuchten. Lokale Initiativen zur Konfliktlösung sollten dennoch von allen Seiten unterstützt und deren Erfolg nicht prinzipiell in Frage gestellt werden. Die erneuten Angriffe seitens der LRA auf humanitäre Organisationen deuten aber auf einen längeren Verhandlungsprozess hin, was Vorwürfe der Verschleppung des Friedensprozesses zugunsten einer Re-Organisation der LRA nach sich zieht.

Die Internationale Gemeinschaft hat bisher kein ökonomisches Interesse an Norduganda formuliert und fällt lediglich durch symbolische Ermahnungen in Hinblick auf die LRA auf. Dennoch hat der ICC erste Haftbefehle für Josef Kony und vier weitere hochrangige Offiziere ausgestellt. Die USA listet die LRA außerdem als terroristische Vereinigung auf.

Während eine militärische Lösung auf einen anhaltenden strategischen Sieg über die Rebellenarmee zielt, sind die sozioökonomischen Dimensionen der Post-Konflikt-Zeit nicht außer acht zu lassen. Die seit der Kolonialzeit unter den Engländern strukturell vernachlässigte Pader- und Kitgum-Region muss nicht nur 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge reintegrieren sondern auch die ökonomischen Reproduktionsbedingungen überhaupt erst zur Verfügung stellen. Dabei sollten besonders die dringende medizinische Versorgung (1,000 Sterbefälle pro Woche) und missbrauchte Kinder in den Vordergrund zu stellen. Die Regierung Ugandas sollte das Staatsgebiet zum Notstandgebiet erklären um dadurch in der Konsequenz rechtlich erforderliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ehemalige Rebellen muss eine Alternative zum wiederholten Waffengang angeboten werden. Die Ugandische Regierung hat anderen Rebellengruppen bereits Resettlement-Packages angeboten hat, konnte diese aber nur teilweise bereitstellen. Appelle an die Regierung in dieser Hinsicht müssen einheitlich und bestimmt erfolgt. Dabei wird der Zusammenhang mit der innenpolitischen Lage Ugandas offenbar: Einflussnahme seitens westlicher Regierungen über vorenthaltende Entwicklungsunterstützung (in 2005: Irland, Norwegen und UK) als Reaktionen auf Entwicklungen des Regierungssystems können die Möglichkeiten des Ugandischen Staates nachhaltig konterkarieren.

Trotz allen Anlass zum Optimismus muss die Handlungsfähigkeit externer Akteure kritisch betrachtet werden. Weder die Sudanesische Armee noch der bewaffnete Flügel der SPLM betrachten derzeit die LRA als oberste innenpolitische Priorität. Übergriffe der LRA auf sudanesischem Territorium (August 2005) haben jedoch schon zu scharfen Verurteilungen geführt. Auch die im Osten Kongos stationieren UN-Blauhelmsoldaten (MONUC) und die kongolesische Armee werden erst erhebliche Ressourcen mobilisieren müssen um Teile der LRA gezielt verfolgen zu können.

Die internationale Staatengemeinschaft selbst kann aber einen substanziellen Beitrag zur Lösung des Konfliktes leisten, wenn die effektivsten Instrumente der Rebellenarmeen, die Kleinwaffen und Antipersonenminen, global eliminiert und vom Handel ausgeschlossen werden. Einschlägige Konferenzen, wie die UN Small Arms Conference von 2001, haben nicht nur das Bewusstsein geschärft, sondern auch Aktionsprogramme erarbeitet und Resolutionen initiiert (UN Resolution: Unterstützung von Staaten zur Eindämmung des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und zur Einsammlung dieser Waffen, 2004; . Hinweise auf unterzeichnete und verabschiedete bereits existierende Resolutionen der UN (z.B. Declaration on the Protection on Women and Children in Emergency and Armed Conflict, 1974; Optional Protocol to the Convention on the Rights of Children on the involvement of children in armed conflict, 2000) ergänzen dabei die Aufforderungen an die Internationale Gemeinschaft, sich des als vergessen bezeichneten Krieges im Norden des Landes anzunehmen.