Friedens- und Sicherheitspolitik Online

Informations-Plattform zum tagespolitischen Colloquium am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

Montag, Januar 30, 2006

Veranstaltungshinweis

RESPEKT! IM KONFLIKT
13. Symposium für Interkulturelles Kommunikationsmanagement Das diesjährige Symposium beschäftigt sich mit der Variablen Respekt in interkulturellen Konfliktsituationen. Es versucht eine wissenschaftsdisziplinäre Differenzierung und Konturierung des Begriffs und stellt der Theorie die lebendige Praxis der Integrationsarbeit, Konfliktbearbeitung und Katastrophenhilfe entgegen.

In Vorträgen und Diskussionen werden an drei Veranstaltungstagen unterschiedliche Themenbereiche interkulturellen Kommunikationsmanagements erörtert. Titel dieser Veranstaltung: "Die Kunst des Intervenierens - zwischen Tradition und Vision."
Referenten:
Sven Chojnacki, Juniorprofessor Internationale Friedens- und Sicherheitspolitik, Otto Suhr Institut
Andreas Zumach, UNO Korrespondent der taz
Beate Wagner, Generalsekretärin der DGVN
Valentin Heyde, RespectResearchGroup

Information: www.ikmsymposium.de
16-20 Uhr, UdK Berlin, Hardenbergstr. 33, Raum 310

Sonntag, Januar 29, 2006

Zivile Konfliktbearbeitung im Zeichen erweiterter Sicherheitspolitik

Im Mai 2004 erließ die Bundesregierung den Aktionsplan „Ziviles Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“. Damit soll zivile Konfliktbearbeitung als Querschnittsaufgabe in Politik und Gesellschaft verankert werden. Ein entsprechender Ressortkreis, bestehend aus Vertretern aller Ministerien, soll eine kohärente und koordinierte Erfüllung dieser Aufgabe gewährleisten. Beratend steht ihm ein Beirat aus Vertretern nicht-staatlicher Organisationen zur Seite. Im Rahmenkonzept heißt es " ... Krisenprävention erfordert (…) häufig eine enge Zusammenarbeit von zivilen und militärischen Komponenten im Rahmen eines Sicherheitskonzepts, das politische, diplomatische, wirtschaftliche, humanitäre und militärische Mittel einschließt. ..."
Daraus folgt, dass nahezu alle sozialen Phänomene einen sicherheitspolitischen Bezug bekommen. Konfliktbearbeitung wird zur Querschnittsaufgabe, an der sicherheits- wie entwicklungspolitische Akteure gleichermaßen beteiligt sein sollen.

Politisch soll, so auch Heidemarie Wieczorek-Zeul, derzeitige Ministerin des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Prävention Vorrang haben. Dennoch, Zivile Konfliktbearbeitung bezeichnet den bewussten Einsatz nicht-militärischer Mittel zur Vorsorge, Bearbeitung und Nachsorge von gewaltsamen Auseinandersetzungen. Der Begriff der „Bearbeitung“ impliziert, im Gegensatz zum Begriff der „Austragung“, die Mitwirkung einer ‚neutralen’ Drittpartei. Dabei kann es sich jeweils um in- wie ausländische, staatliche oder nichtstaatliche Akteure handeln.

Anfänge ziviler Konfliktbearbeitung
1992 setzte Boutros Boutros-Ghali mit seiner „Agenda für den Frieden“ den ersten Meilenstein der Zivilen Konfliktbearbeitung. Das Konzept an sich war nicht neu: Wirtschaftssanktionen wurden bereits als ‚Waffe’ gegen das Apartheid-Regime in Südafrika eingesetzt, die EU setzt seit ihrer Gründung auf Frieden durch supranationale Verrechtlichung. Zum Instrument der internationalen Beziehungen konnte es erst mit dem Ende des Kalten Krieges werden. Bis dahin waren die zentralen Akteure souveräne Staaten, die gleichzeitig das Monopol für den Frieden wie für den Krieg innehatten.

ZKB in der Europäischen Union

Im Jahr 1995 fand das Konzept Einlass in die Entwicklungspolitik der Europäischen Union (EU). Als Reaktion auf die „Schocks“ in Somalia und Ruanda entwickelte sich eine selbstkritische Debatte über die Möglichkeiten und Grenzen von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe. Am Ende stand die Einsicht, dass Hilfe nie neutral ist (und es auch nie war). Mary B. Anderson erfasst in diesem Zusammenhang zwei Kriterien: Wirkungen durch Ressourcentransfer und durch implizite ethnische Botschaften. Aus der Forderung, Entwicklungsprojekte so zu gestalten, dass sie nicht Konflikt verschärfend wirken, leitete sich zudem die Forderung ab, Möglichkeiten zur friedlichen Konfliktlösung zu ergreifen.
Zunächst war dieses ‚neue’ Konzept nur auf die AKP-Staaten begrenzt. Es begann mit der Unterstützung der Organisation Afrikanischer Einheit (OAU) durch Frühwarn- und Peecekeeping Kapazitäten. 1996 wurden von der Generaldirektion für Entwicklungspolitik (DG VIII) folgende Grundsätze aufgestellt: (a) ‚Effective Ownership’ für Staaten und Regionalorganisationen sollten unterstützt werden. (b) Die Arbeit der EU-Kommission sollte sich auf frühzeitige Prävention gewaltträchtiger Konflikte richten (c) Ursachen für Gewalt sollten durch einen kohärenten Gesamtansatz angegangen werden, der auch ökon., ökolog. und soz. Hilfe mit umschließt. (d) Die Analysekapazitäten sollten ausgebaut werden (e) Der Informationsaustausch sollte gefördert werden.
1997 bestätigte der Europäische Rat der gemeinsamen Erklärung „Conflict Prevention and Resolution in Africa“ diese Grundsätze. 1998 wurde diese Position auf alle Entwicklungsländer ausgeweitet.

Es stellt sich die Frage, welche der oben genannten Grundsätze umgesetzt wurden: Zunächst lässt sich festhalten, dass im Bereich Ausbau der Analysefähigkeiten und der Netzwerkbildung einiges getan wurde: So wurden zahlreiche Plattformen zur Vernetzung und zum Informationsaustausch zwischen europäischer Institutionen, der Mitgliedsstaaten und Nichtregierungsorganisationen (NRO) eingerichtet (die Kontaktdaten findet ihr weiter unten).
Das mit den Afrikanisch-Karibisch und Pazifischen Staaten (AKP-Staaten) 2000 verhandelte Cotonou-Abkommen setzt an anderer Stelle an: Entwicklungsgelder werden an die Erfüllung von ‚Good Governance’ Kriterien gebunden, womit eine Politisierung der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) einhergeht. Die Armutsbekämpfung, zur Überwindung struktureller Konfliktursachen soll intensiviert werden. Des Weiteren wird erstmalig die Rolle von NROs explizit in den Vertrag mit aufgenommen und ihre Funktion bei der gewaltlosen Konfliktbearbeitung betont. Auch ist eine Reform der Finanzierung enthalten, die den schnelleren und effektiveren Zufluss von Mitteln garantieren soll. Dennoch, alle Akteure sind sich einig, dass diese Maßnahmen nur dann greifen werden, wenn sie in ein kohärentes Gesamtkonzept eingebunden werden. Im Zielkonflikt mit der Handelspolitik kann sich das Cotonou Abkommen für die AKP Staaten eher hinderlich auswirken. Dieses beabsichtigt, die einseitigen Handelspräferenzen (die auch in den vier Vorgängerabkommen -Lomé I – IV- nur beschränkte Wirkung entfalten konnten) auf lange Sicht abzubauen, um sie so mit den Richtlinien der Welthandelsorganisation kompatibel zu machen.

ZKB in der Bundesrepublik Deutschlands
Der Gedanke der ZKB erhielt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) erst 1997 und damit recht spät die Aufmerksamkeit der politischen Institutionen. Mit dem Regierungswechsel 1998 wurde Krisenprävention aber zum Schwerpunkt bundesdeutscher Entwicklungs-, Sicherheits- und Außenpolitik erklärt.
Im Juli 2000 erließ der Bundessicherheitsrat, in den auch das BMZ einzog, das Rahmenkonzept „Krisenprävention und Konfliktbeilegung“. Ziel ist es, in allen drei Phasen aktiv auf eine friedliche Konfliktbewältigung einzuwirken. Ausgangspunkt für Maßnahmen ist wie in der EU der erweiterte Sicherheitsbegriff.
Die entwicklungspolitische Debatte ist hier eng verknüpft mit der Schaffung des ‚Zivilen Friedensdienstes’. Damit erhielt die Entwicklungspolitik ihr eigenes Instrument, um direkt auf die Konfliktsituation und seine Austragung Einfluss zu nehmen. Unter der Federführung des BMZs, aber in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, NROs und Kirchen wurde hierfür 1999 das Rahmenkonzept „Ziviler Friedensdienst“ (ZFD) verabschiedet, für das im Jahr 1999 5 Milliarden DM zur Verfügung standen, die alljährlich aufgestockt worden (2002: 9,1 Mrd. Euro). Oberziel des ZFDs ist es, in Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen Gewalt zu mindern oder zu vermeiden, Verständigung zu fördern und zu einem nachhaltigen und gerechten Frieden beizutragen. Projektziele sind, den gewaltfreien Umgang mit Konflikten und Konfliktpotenzialen zu fördern, vorhandene Ansätze zur Versöhnung und Friedenssicherung zu stärken und Beiträge zum Wiederaufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft zu leisten.
Außerdem wurde im Jahr 1999 bereits ein Indikatorenkatalog zur Krisenprävention entwickelt, der es ermöglichen soll, die Zuspitzung von Krisen in den Partnerländern frühzeitig zu erkennen. Dem wurde aber bisher kein institutioneller Prozess zur Aktivierung krisenpräventiver Maßnahmen angegliedert. Das BMZ zog damit die Konsequenzen aus seiner Politisierung. Die Zweiteilung von: 1. keinen Schaden anrichten, und 2. aktiv dem Gewaltausbruch entgegentreten, soll durch die Mainstreamaufgabe der zivilen Krisenprävention in der Entwicklungspolitik und dem Instrument des ZFDs gewährleistet werden.

Fragen an das Colloquium:
1) Die Entwicklungspolitik steht im Zeichen der Sicherheitsdiskussion. Überfordert sich diese damit nicht? Welche Chancen und welche Risiken ergeben sich aus der neuen Verzahnung von Entwicklungspolitik und Sicherheitspolitik?

2) Die im Colloquium besprochenen Konflikte wurden bzw. werden zu einem überwiegenden Teil gewaltsam ausgetragen. Externe Aufmerksamkeit erlangen Konflikte erst dann, wenn die Akteure zu militärischen Mittel greifen. Was sind die Gründe dafür? Was müsste sich ändern, um dem ‚Primat der Prävention’ gerecht zu werden?

3) NROs spielen in dem Konzept der Zivilen Konfliktbearbeitung eine wichtige Rolle. Sie gelten als neutrale Akteure und haben gemeinhin besseren Zugang zur Zivilbevölkerung. Mit welchen Problemen sind ausländische und inländische NGOs konfrontiert? Welche Probleme können sich aus der verantwortlichen Rolle gesellschaftlicher Organisationen für die Konfliktdynamik ergeben?

Links zum Thema

Ein erster Überblick:
C. Wellner/ A. Kirschner: Zivile Konfliktbearbeitung - Allheilmittel oder Leerformel?, 2005

Gesamtkonzepte und Rahmenbedingungen:
Gesamtkonzept ‚Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung’, 2000

Aktionsplan ‚Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung’, 2004


Rat der Europäische Union, Zivile Krisenbewältigung


Institutionen der ZKB:
In Deutschland:
Arbeitsgemeinschaft Entwicklungspolitische Friedensarbeit

Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung

Konsortium Ziviler Friedensdienst

Plattform Zivile Konfliktbearbeitung


Projekt zivik


In der EU:
European Centre for Conflict Prevention und European Platform for Conflict Prevention

European Network for Civil Peace Services

European Peacebuilding Liaison Office

Weitere Texte zum Thema:
T. Debiel/ M. Fischer: Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung durch die EU, 2000

Bestandsaufnahme der ‚Plattform Zivile Konfliktbearbeitung’ zur ZKP in Deutschland, 2003

G. Maihold: Die sicherheitspolitische Wendung der Entwicklungspolitik: Eine Kritik des neuen Profils, 2004

bearbeitet von Jana Rosenboom

Sonntag, Januar 15, 2006

Policy Empfehlungen zur Senkung des Gewaltniveaus in Lateinamerika

von Chi-Huy Tran

Aus Lateinamerikanischer Sicht:
- Es ist es unerlässlich, dass sich eine unabhängige Justiz etabliert, denn aktuell besteht noch in keinem einzigen lateinamerikanischem Land ein funktionierendes Rechtssystem. Die Justiz muss hierbei zwei essentielle Funktionen erfüllen:
Zum eine muss sie der Willkür des Staats Einhalt gebieten und eine effektive Kontrolle ausüben, zum anderen die weit verbreiteten Kriminalität strafrechtlich verfolgen – so schätzt man die Fälle straffreier Verbrechen auf 98%.
- Der Staat muss das Gewaltmonopol innehabe, sowohl geographisch als auch funktional. So existieren Regionen in Lateinamerika, die faktisch dem staatlichen Einfluss entzogen sind und rechtsfreie Räume bilden, somit sich regelrecht „Gewaltnischen“ entwickeln können. Auf funktionaler Ebene kann z.B. die Kolumbianische Regierung der Farc keine Sicherheitsgarantien geben im Falle einer Entwaffnung, da sie keine Kontrolle über die Paramilitärs und Teilen des eigenen Sicherheitsapparates ausübt, was eine friedliche Beilegung des Konfliktes drastisch erschwert. Außerdem zeichnet sich eine zunehmende Tendenz zur Privatisierung der Sicherheit ab, der die Ungleichheiten in den Gesellschaften noch verschärft und das eigentlich kollektive Gut Sicherheit nur noch privilegierten Gruppen zukommt.
- Die in den 80er Jahren begonnene Demokratisierungsphase Lateinamerikas sollte stärker einen „bottom-up“ Pfad verfolgen, um eine stabile und nachhaltige Akzeptanz zu fördern. Dabei sollte die Zivilgesellschaft gestärkt werden und das Subsidiaritätsprinzip akzentuiert, da es in Lateinamerika starke indigene Gruppen gibt, deren Traditionen und Ordnungsmechanismen inkooperiert werden sollte.
- Eine wichtige Rolle zur Aufarbeitung der diktatorischen Vergangenheit, und damit zur Konfliktbewältigung, spielen die Wahrheitskommissionen, deren Arbeit aber effektiv durch die Amnestiegesetze konterkariert wird. Deshalb sollten die Amnestiegesetze auf die politische Agenda und in den öffentlichen Diskurs, um den gesellschaftlichen Versöhnungsprozess zu forcieren.

Aus US Amerikanischer Sicht:
- Stay out.

Aus Europäischer Sicht:

- Bessere Koordinierung der Entwicklungshilfe.
- Verantwortung übernehmen für die koloniale Vergangenheit?

Diese „Policy Empfehlungen“ spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten des Autors wider.

Samstag, Januar 14, 2006

Das Imperium schlägt zurück oder alter Wein in neuen Schläuchen? Der Gaskrieg zwischen der Ukraine und der Russländischen Förderation

Mit einer am 4. Januar 2006 zustande gekommen Einigung zwischen Vertretern des russischen Gasmonopolisten Gazprom und des ukrainischen Gasversorgers Naftogaz Ukrayiny endete vorläufig der so genannte „Gaskrieg“ zwischen Russland und der Ukraine, dessen Höhepunkt eine dreitägige Unterbrechung der russischen Gaszufuhr in die Ukraine war. Ursache des Streites war eine von der russischen Seite geforderte Preiserhöhung um ca. 450% - von US$ 50 auf US$ 230 – 250 für 1000 Kubikmeter Gas - zur Anhebung des bisher stark subventionierten Gaspreises auf Weltmarktniveau, nachdem eine ukrainische Delegation im April letzten Jahres eine Teilrevision des bis 2009 geltenden Liefervertrages gefordert hatte. Nach der damaligen Ansicht der ukrainischen Delegation waren die Kosten für den Transit des russischen Gases über ukrainisches Territorium zum Weiterverkauf nach Europa in dem Vertrag, der von der vorigen Regierung unter Leonid Kutschma ausgehandelt worden war, stark unterbewertet. Die Einigung basiert auf einem komplexen Schema, nachdem die russischen Gaslieferungen an die Ukraine rückwirkend ab 1. Januar 2006 über eine Drittfirma, das in der Schweiz angesiedelte Joint Venture RosUkrEnergo AG abgewickelt werden, während die Transitgebühren erhöht und nunmehr nicht mehr in Gas, sondern in Geld beglichen werden. Während der Deal von den leitenden Managern beider Seiten als Erfolg gefeiert wurde, welcher die langfristige Versorgung garantiert, werfen nunmehr publik gewordene Details immer mehr Fragen auf.

Die ersten Auswirkungen des Streites sind inzwischen sichtbar, wenngleich längst nicht alle Folgen bereits abzuschätzen sind. In der Ukraine ist es inzwischen zu einer Regierungskrise gekommen, nachdem das Parlament den Premierminister und sein Kabinett unter dem Vorwurf der Unfähigkeit, ukrainische Interessen zu schützen, entlassen hat – obwohl rechtlich unklar ist, ob das Parlament dazu überhaupt die Befugnis besitzt. In der westlichen Öffentlichkeit ist das ohnehin geringe Ansehen der Russländischen Förderation (RF) weiter gesunken, während sich Vertreter westeuropäischer Staaten und der EU nur sehr zurückhaltend in die Debatte eingeschaltet haben. In Deutschland ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Atomaussstieges und der Notwendigkeit der Diversifizierung der Energieversorgung vor allem von Politikern der Union erneut mit Nachdruck gestellt worden. In den westlichen Medien wurde der Gasstreit ausgiebig begleitet. Wie bereits zu Zeiten der sog. „Orangenen Revolution“ ist die Ukraine zum Medienstar aufgestiegen, während Russland wiederholt imperiale Großmachtspolitik mit Gaslieferungen als Waffe vorgeworfen, die Sicherheit der russischen Gaslieferungen in Frage gestellt und Gazprom als zweites Außenministerium der RF bezeichnet wurde.

Es stellt sich hier die Frage, ob die Bewertung des Gaskrieges als Beweis für nostalgisch-imperiale Ambitionen der RF gerechtfertigt ist oder eher einen Ausdruck russophober Tendenzen in der westlichen Medienlandschaft, welche den Konflikt enthistorisiert, darstellt. Meiner Meinung nach handelt es sich jedenfalls eher um einen neuen Höhepunkt in einem mindestens seit Zusammenbruch der UdSSR schwierigen Nachbarschaftsverhältnis, dass durch Pfadabhängigkeiten des sowjetischen Vermächtnisses einerseits und Schwierigkeiten im jeweiligen nationalen Selbstfindungsprozess andererseits geprägt ist. Zur Verschärfung des Konfliktes trugen weiterhin innenpolitische Verschiebungen in der Ukraine seit der sog. „Orangenen Revolution“ und Machtkämpfe innerhalb des Kremls bei.

Der Hintergrund: eine schwierige Nachbarschaft seit Ende der UdSSR
Eine kurze Vorbemerkung: viele westliche Kommentatoren scheinen zu unterstellen, dass die RF mit der Rechtsnachfolge der UdSSR auch gleich die imperiale Attitüde der Sowjetunion übernommen hatte. Allerdings ist festzuhalten, dass die imperiale Politik der UdSSR keineswegs eine russisch dominierte Politik war. Vielmehr waren gerade ethnische Ukrainer in sowjetischen Strukturen – gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung – überrepräsentiert. Die sowjetische imperiale Politik war also nicht (nur) eine russische imperiale Politik, sondern mindestens auch eine ukrainische imperiale Politik.

Sowjetische Vermächtnisse Teil I: die Verzahnung der Energiesektoren
Aufgrund der sowjetischen Standortpolitik – einer Ballung von jeweiliger Produktionskompetenz an einem Ort – sind der russische und der ukrainische Energiesektor eng verzahnt. Das Know-How der sowjetischen Energieindustrie entstand Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts vor allem an ukrainischen Ingenieursschulen. Deshalb waren die meisten Ingenieure und Arbeiter, welche die riesigen Gas- und Ölvorkommen in Sibirien erschlossen, Ukrainer. Bis Mitte der 90er Jahre waren Ukrainer bei Gazprom dominant. Das Zentrum zur Produktion großer und kleiner Pipelines befand sich bis Ende der 90er Jahre in der Ukraine, nur Pipelines mittleren Durchmessers wurden mehrheitlich in der RF hergestellt. Erst seit kurzem gibt es Bestrebungen zur Nationalisierung der jeweiligen Produktion von Pipelineinfrastruktur. Weiterhin standen die meisten Gasspeicher der UdSSR – wichtig, um auf saisonalen Nachfrageschwankungen reagieren zu können – in der Ukraine und damit nahe an den europäischen Abnahmeländern. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR stellte sich bald die Frage nach einer Neuregelung der Gaslieferungen, was auch Anfang der 90er Jahre zu einer Reihe von kleineren Konflikten zwischen der RF und der Ukraine führte. Insgesamt drei Mal – einmal 1992 und zweimal 1993 – drehte die RF der Ukraine die Gaszufuhr ab, jedoch konnten diese Konflikte immer relativ rasch wieder beigelegt werden. Bereits damals zweigte die Ukraine Gas ab, was zu Lieferausfällen in den europäischen Staaten führte.

Aufgrund der engen Verzahnung der ukrainischen und der russischen Energiesektoren, die nur sehr langsam in nationalstaatliche Kompetenzen aufgelöst wird, bleiben in der Frage der Energielieferungen in den Westen die Ukraine und die RF langfristig aufeinander angewiesen – auch nach Fertigstellung der umstrittenen Ostseepipeline. Die Verantwortlichen müssen deshalb in der Lage sein, eine tragfähige Vertrauensbasis, auf der die Arbeitsbeziehungen fußen, aufzubauen.

Sowjetische Vermächtnisse Teil II: die Krim und die Schwarzmeerflotte
Ein weiterer wichtiger Punkt der gegenseitigen Nachbarschaftsbeziehungen, der auch während des letzten Gasstreites immer wieder auftauchte, war die Flottenbasis der Schwarzmeerflotte (SMF) in Sevastopol auf der Halbinsel Krim. Die Krim wurde der Ukraine 1954 von Nikita Kruschtschow zur Feier der 300jährigen Union zwischen Russland und der Ukraine geschenkt – natürlich ohne, dass die bis heute mehrheitlich russische Bevölkerung ein Mitspracherecht gehabt hätte. Sevastopol, gegründet 1784 um den Anspruch des russischen Imperiums auf die Hoheit über das Schwarze Meer zu unterstreichen, war der wichtigste Warmwasserhafen der Sowjetunion. Sowohl Sevastopol als auch die SMF ist für Russland immer noch von allergrößter strategischer Wichtigkeit, da ohne Kontrolle über diese beiden Ressourcen eine Versorgung Russlands über den Seeweg in Krisenzeiten nicht garantiert werden kann.

Es erstaunt von daher nicht, das sowohl die Krim, als auch die Frage nach der Kontrolle über Sevastopol und der Schwarzmeerflotte ein wichtiger – wenn nicht der wichtigste - Streitpunkt zwischen der RF und der Ukraine nach dem Auseinanderbrechen der UdSSR war. Im April 1994 verschärfte sich die Krise dermaßen, dass sogar ein Krieg zwischen der RF und der Ukraine um die Kontrolle über die Krim nicht mehr ausgeschlossen wurde. Erst im Mai 1997 wurde ein Vertrag abgeschlossen, welcher unter anderem vorsah, dass die SMF zur Hälfte zwischen Russland und der Ukraine aufgeteilt werden sollte, die Krim und Sevastopol als Teile des souveränen Staatsgebiets der Ukraine anerkannt wurden und die RF die Häfen in und um Sevastopol bis 2017 für eine jährlich Gebühr in Höhe von US$ 97,75 Millionen mieten würde. Seitdem sind jedoch um die Höhe der Miete und vorgeworfene Vertragsverletzungen immer wieder kleinere Konflikte ausgebrochen, der letzte als am 13. Januar 2006 ukrainische Soldaten die Kontrolle über den Leuchtturm von Jalta übernahmen, welcher den hydrographischen Dienst des russischen Teils der SMF beherbergt.

Die „nationale Frage“ in der Ukraine
Die Frage nach einer eigenständigen nationalen Identität ist wie jede nationale Frage in der ehemaligen Sowjetunion vor allem eine politische Frage von allerhöchster Sensibilität. Während die meisten Russen – und einige Ukrainer selbst (einige der wichtigsten ukrainische kulturelle Eliten (z.B. Nikolai Gogol und Michail Bulgakov), um die sich eine nationale Identifikation hätte bilden können, sprachen Russisch und hatten eine eher abschätzige Meinung der ukrainischen Sprache und der dazugehörigen Kultur) - die Vorstellung der ukrainischen Nation als einer eigenständigen seltsam finden, bildete sich vor allem im Westteil der Ukraine eine starke ukrainische Identität aus. Diese identifizierte sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR vor allem durch den Hinweis auf eine lange Leidensgeschichte des ukrainischen Volkes unter den Russen und der Sowjetunion und hat dementsprechend eine ausgeprägt antirussische Konnotation.

Heute ist die Ukraine einigermaßen klar in einen ukrainisch geprägten Westeil und einen russisch geprägten Ostteil gespalten. Die ethnische Teilung übersetzt sich auch in politische Trennlinien. 22% der Bevölkerung sind Russen, ca. 30% sind russisch sprechende Ukrainer und 45% sind ukrainisch sprechende Ukrainer. Die Beziehung zwischen den verschiedenen Gruppen ist dynamisch und schlägt sich im Wahlverhalten wieder. Das Zünglein an der Waage bildet jeweils die Gruppe der Russisch sprechenden Ukrainer. Bei den Wahlen im Herbst 2004 standen sich der „russische“ Kandidat Janukowitsch, der von Vorgänger Kutschma und Wladimir Putin unterstützt wurde, und der „ukrainische“ Kandidat Juschtschenko, der eine pro-westliche Politik befürwortete und von ukrainischen Nationalisten und europäischen Staaten unterstützt wurde. Bei der Wahl stimmten immerhin 44% der Wahlberechtigten gegen Juschtschenko und seine pro-westliche Politik. Die Niederlage von Janukowitsch, der angeblich immerhin US$ 300 für seinen Wahlkampf von Moskau erhalten hatte, wurde sowohl in der russischen Bevölkerung als auch bei westlichen Experten als schwere außenpolitische Niederlage für Präsident Putin gewertet.

Das Vorspiel des aktuellen Gaskonfliktes
Im August 2004 wurde ein bis 2009 geltender Liefervertrag zwischen Gazprom und Naftogaz Ukrayiny abgeschlossen. Nur ausgewählte Teile des damaligen Abkommen wurden veröffentlicht, aus denen aber hervorgeht, dass der Preis von US$ 50 pro 1000 Kubikmeter Gas nur das Gas betraf, welches als Ausgleichszahlung für die Transitgebühren bestimmt war. Dies sind nur ca. 15 Milliarden Kubikmeter, der Gesamtbedarf der Ukraine beträgt für 2006 allerdings 76,5 Milliarden Kubikmeter, wovon nur ca. 20 Milliarden aus ukrainischer Produktion stammen. Dieses wichtige Detail der Verträge wurde von den meisten Kommentatoren bislang übersehen. Der Vertrag wurde übrigens bereits damals als politisch motiviert bewertet – es wurde angenommen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die Lieferung von billigem Gas die Chancen des vom Kreml favorisierten Kandidaten Janukowitsch im Präsidentschaftswahlkampf Ende 2004 steigern sollte, und entsprechend von westlichen Experten kritisiert.

Eine Lieferung von Gas zum Preis von US$ 50 pro 1000 Kubikmeter entspricht einem russischen Verdienstausfall von US$ 3 bis 5 Milliarden pro Jahr, wenn man den Verkauf zu Marktpreisen zu Grunde legt. Eine derartige Subventionierung stößt sowohl in Kreisen der russischen Eliten wie auch der russischen Öffentlichkeit auf Unverständnis. Zum Vergleich: dieser Betrag ist mehr als die gesamten europäischen Hilfen für die Ukraine in den letzten 14 Jahren. Die US Hilfen betrugen für 2005 insgesamt „nur“ US$ 176 Millionen, obwohl die Förderung der sog. „Orangenen Revolution“ ein besonderes Anliegen der Bush-Administration war.

Ein weiteres Detail des Vertrages war die Abmachung zur Entwicklung eines ukrainisch-russischen Konsortiums unter Einbeziehung Deutschlands zur Entwicklung und Kontrolle der Pipeline-Infrastruktur. Diese Abmachung wurde von Präsident Juschtschenko kurz nach seiner Amtsübernahme stillschweigend fallen gelassen.

Die Kontrolle über das ukrainische Unternehmen Naftogaz Ukrayiny übernahm kurz nach der Wahl Juschtschenkos einer seiner Klienten – der Vorsitzende der Partei „Kongress der ukrainischen Nationalisten“ Iwtschenko, der mit antirussischen und antisemitischen Äusserungen aufgefallen war. Unter seiner Führung wurde von der ukrainischen Seite bereits im April 2005 vorgeschlagen, die Transitkosten für russisches Gas auf dem Weg nach Europa zu erhöhen und die entsprechenden Teile des geltenden Vertrages zu revidieren. Von der russischen Seite wurde daraufhin im Juni 2005 der Vorschlag gemacht, den gesamten Vertrag neu zu verhandeln – verbunden mit einem Ultimatum. Allerdings war die ukrainische Führung zu diesem Zeitpunkt derart in innenpolitische Grabenkämpfe verstrickt, dass es nie zu Neuverhandlungen kam und die russische Frist verstrich.

Zusätzlich erschwert wurde der gesamte Verhandlungsprozess durch die Tatsache, dass die Ukraine 5 bis 6 Milliarden subventionierten Gases zu Marktpreisen an europäische Kunden mit einem geschätzten Profit in Höhe US$ 1 Milliarde weiterverkauft hatte.

Die russische Entscheidung, Weltmarkpreise für Gaslieferungen an die Ukraine anzulegen, fiel nachdem im Oktober 2005 der größte ukrainische Stahlkonzern zu einem Weltmarkpreis von US$ 4,8 Milliarden an eine indische Gesellschaft verkauft wurde. Energiekosten machen 70% des Stahlpreises aus. Im Dezember schließlich wurde die Ukraine dann von der EU offiziell als Marktwirtschaft anerkannt.

Der Deal: wirklich eine langfristige Perspektive?
Die Präsentation des den Konflikt lösenden Deals am 4. Februar durch die Vorsitzenden von Gazprom und Naftogaz Ukrayiny wurde als großer Erfolg für eine mittelfristig – laut den Sprechern wurde für das Abkommen eine Laufzeit von fünf Jahren angesetzt - gesicherte Versorgung der Ukraine mit Gas gewertet. Die Inhalte der Präsentation jedoch unterscheiden sich stark von dem tatsächlichen Abkommen, das inzwischen auf der Webseite der national-oppositionellen Politikerin Julia Timoschenko veröffentlicht wurde. Laut diesem Dokument wurde eine Einigung über den Gaspreis nicht auf fünf Jahre, sondern nur auf sechs Monate erzielt. Die einzige weitere substantielle Einigung ist eine Anhebung des Transitpreises für nach Europa zu exportierendes russisches Gas auf US$ 1,60 pro 1000 Kubikmeter Gas auf 100 km Transitstrecke, die zukünftig in Geld und nicht mehr in Gas zu begleichen sind. Die Analyse des Dokumentes legt nahe, dass Gazprom substantielle kommerzielle Interessen an das Joint Venture RosUkrEnergo AG abgegeben hat, dessen Eigentümer unbekannt sind. In diesem Licht erscheint die Einigung eher als ein Ergebnis eines Machtkampfes innerhalb russischer Eliten, in dem die Ukraine eher eine Zuschauerrolle gespielt hat.

Fragen an das Colloquium:
1) Meiner Meinung nach spielt ein vom westlichen Beobachtern angenommener russischer Imperialismus in dem aktuellen Gasstreit zwischen der RF und der Ukraine keine Rolle. Welche Gegenargumente, die ein imperiales Motiv nahe legen, könnte es geben?

2) Die RF scheint in der westlichen Presse regelmäßig nicht sehr gut wegzukommen. Was könnten die Gründe dafür sein?

3) Besteht die Gefahr, dass die Gasversorgung durch die RF vermehrt als politische Waffe eingesetzt werden könnte, eurer Meinung nach tatsächlich? Welche Maßnahmen sollten europäische Staaten ergreifen, um einer solchen Gefahr zu begegnen?

4) Wie ist die These, dass die Einigung eher ein Ergebnis eines innerrussischen Machtkampfes war, im Hinblick auf die aktuelle innenpolitische Lage in der RF zu bewerten?


Quellen
Die meisten Informationen, die in diesem Beitrag verwertet wurden, stammen aus Beiträgen einer recht rege geführten Diskussion auf dem Mailverteiler des Netzwerkes Junge Osteuropa-Experten oder Zeitungsartikel, die über Johnson’s Russia List verschickt wurden.

Den Wortlaut des Vertrages findet man hier (auf russisch)

bearbeitet von Cornelius Graubner

Samstag, Januar 07, 2006

Friedens- und sicherheitspolitische Trends in Lateinamerika

Demokratisierung
Den Ländern Lateinamerikas schien es seit ihrer Unabhängigkeit zu Beginn des 19.Jahrhunderts lange Zeit nicht gelungen zu sein, eine stabile politische Ordnung aufzubauen. In der Tat war der kontinuierliche Wechsel zwischen Diktatur und Demokratie einer der auffälligsten Merkmale der politischen Entwicklung des Subkontinentes. Im Zeitraum 1930 bis 1980 fanden 40 Prozent der Regierungswechsel durch Putsche statt, seit den 90ern gab es so gut wie keine gewaltsamen Umstürze mehr. Eine These lautet, dass die so genannte „Dritte Welle der Demokratisierung“ (Huntington) Mitte der 1970er ein gewisses Maß an Stabilität in die Region brachte. Aktuell gibt es nach Freedom House in ganz Mittel- und Südamerika kein Land mehr, dass nicht als „frei“ oder zumindest als „teilweise frei“ gilt.
Die jüngste Präsidentschaftswahl, die fair und frei verlief, fand in Bolivien statt.

Bolivien

Bolivien galt lange Zeit als einer der unbeständigsten Länder Lateinamerikas, denn seit der Unabhängigkeit 1825 gab es dort eine kontinuierliche Serie von etwa 200 Staatstreichen.
Mit der Etablierung einer vergleichsweise demokratischen Zivilregierung seit 1982 herrscht in Bolivien trotz großer Missstände aber eine relativ stabile Ordnung.
Des Weiteren bildete der Sieg des indigenen Kokabauers Evo Morales am 18.12. 2005 den Auftakt einer Serie von Wahlen, die dieses Jahr in 11 Staaten des Kontinentes anstehen. Diese Wahlserie könnte als weitere Etappe im Konsolidierungsprozess des Kontinentes gewertet werden.

Fragen
Zeigen die zunehmenden Demokratisierungsbedürfnisse und –fortschritte Lateinamerikas, dass in Zukunft mit weniger Konflikten oder Konflikten niedrigerer Intensität zu rechnen ist? Oder aber handelt es sich bei der Demokratisierung des Kontinentes lediglich um eine funktionale Änderung der politischen Systeme, die Historie und „Kultur“ der politischen Gewalt wird also in naher Zukunft weiterhin existieren?

Einfluss der USA in Lateinamerika


Seit der Monroe Doktrin 1823 hat die USA ihre südlichen Nachbarn als ihren „backyard“ definiert - eine Region, in der die USA ihre Interessen berührt sieht und für sich deshalb das Recht in Anspruch nimmt, mal offen, mal verdeckt in die Angelegenheiten der süd- oder mittelamerikanischen Staaten zu intervenieren. Die Auswirkung US amerikanischer Außenpolitik auf Lateinamerika ist in ihrer ganzen Dimension schwer zu fassen, da mehrere Aspekte, sowohl die ideologische, kulturelle, ökonomische als auch sicherheitspolitische Ebene, tangiert werden. Im Friedens- und Sicherheitspolitischem Kontext nimmt neben dem Stützen oder Stürzen bestimmter Regime aber insbesondere die Militärhilfe eine besondere Rolle ein. Im Zeitraum von 2000-2006 hat sich allein das Volumen der Foreign Military Financing um das 34fache vergrößert (wohingegen die zivile Entwicklungshilfe um 40% abgenommen hat). Dies hat insbesondere in Kolumbien weitreichende Auswirkungen.

Kolumbien
Kolumbien stellt im modernen Lateinamerika insofern eine Besonderheit dar, als dass in dem Land noch der einzige langjährige Konflikt herrscht. Dieser dauert nun schon etwas mehr als 40 Jahre an und zwischen den drei Konfliktparteien - der Regierung, den Paramilitärs (AUC) und den Guerillas (Farc und ELN) – scheint sich keine politische Lösung abzuzeichnen, denn Präsident Uribe verfolgt ein militärisches Vorgehen. Die kolumbianische Regierung bezieht aus den USA im Rahmen des so genannten „War on Drugs“ immer umfangreichere Militärhilfen und Waffenlieferungen - ein Trend, der eher als Konfliktfördernd gelten kann.

Fragen:
Ist der Fokus der kolumbianischen Regierung auf eine militärische Lösung Erfolg versprechend, insbesondere da eine Pattsituation besteht? Ist andererseits eine politisch Lösung denkbar, da die einzelnen Parteien durchaus vom weiteren Fortbestehen der Gewalt durchaus profitieren?

Hintergründe
AKUF
ICG I
ICG II

Analysen:
HSFK

International Monetary Fund
World Policy Institute I
World Policy Institute II

bearbeitet von Chi-Huy Tran