Friedens- und Sicherheitspolitik Online

Informations-Plattform zum tagespolitischen Colloquium am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

Samstag, Januar 07, 2006

Friedens- und sicherheitspolitische Trends in Lateinamerika

Demokratisierung
Den Ländern Lateinamerikas schien es seit ihrer Unabhängigkeit zu Beginn des 19.Jahrhunderts lange Zeit nicht gelungen zu sein, eine stabile politische Ordnung aufzubauen. In der Tat war der kontinuierliche Wechsel zwischen Diktatur und Demokratie einer der auffälligsten Merkmale der politischen Entwicklung des Subkontinentes. Im Zeitraum 1930 bis 1980 fanden 40 Prozent der Regierungswechsel durch Putsche statt, seit den 90ern gab es so gut wie keine gewaltsamen Umstürze mehr. Eine These lautet, dass die so genannte „Dritte Welle der Demokratisierung“ (Huntington) Mitte der 1970er ein gewisses Maß an Stabilität in die Region brachte. Aktuell gibt es nach Freedom House in ganz Mittel- und Südamerika kein Land mehr, dass nicht als „frei“ oder zumindest als „teilweise frei“ gilt.
Die jüngste Präsidentschaftswahl, die fair und frei verlief, fand in Bolivien statt.

Bolivien

Bolivien galt lange Zeit als einer der unbeständigsten Länder Lateinamerikas, denn seit der Unabhängigkeit 1825 gab es dort eine kontinuierliche Serie von etwa 200 Staatstreichen.
Mit der Etablierung einer vergleichsweise demokratischen Zivilregierung seit 1982 herrscht in Bolivien trotz großer Missstände aber eine relativ stabile Ordnung.
Des Weiteren bildete der Sieg des indigenen Kokabauers Evo Morales am 18.12. 2005 den Auftakt einer Serie von Wahlen, die dieses Jahr in 11 Staaten des Kontinentes anstehen. Diese Wahlserie könnte als weitere Etappe im Konsolidierungsprozess des Kontinentes gewertet werden.

Fragen
Zeigen die zunehmenden Demokratisierungsbedürfnisse und –fortschritte Lateinamerikas, dass in Zukunft mit weniger Konflikten oder Konflikten niedrigerer Intensität zu rechnen ist? Oder aber handelt es sich bei der Demokratisierung des Kontinentes lediglich um eine funktionale Änderung der politischen Systeme, die Historie und „Kultur“ der politischen Gewalt wird also in naher Zukunft weiterhin existieren?

Einfluss der USA in Lateinamerika


Seit der Monroe Doktrin 1823 hat die USA ihre südlichen Nachbarn als ihren „backyard“ definiert - eine Region, in der die USA ihre Interessen berührt sieht und für sich deshalb das Recht in Anspruch nimmt, mal offen, mal verdeckt in die Angelegenheiten der süd- oder mittelamerikanischen Staaten zu intervenieren. Die Auswirkung US amerikanischer Außenpolitik auf Lateinamerika ist in ihrer ganzen Dimension schwer zu fassen, da mehrere Aspekte, sowohl die ideologische, kulturelle, ökonomische als auch sicherheitspolitische Ebene, tangiert werden. Im Friedens- und Sicherheitspolitischem Kontext nimmt neben dem Stützen oder Stürzen bestimmter Regime aber insbesondere die Militärhilfe eine besondere Rolle ein. Im Zeitraum von 2000-2006 hat sich allein das Volumen der Foreign Military Financing um das 34fache vergrößert (wohingegen die zivile Entwicklungshilfe um 40% abgenommen hat). Dies hat insbesondere in Kolumbien weitreichende Auswirkungen.

Kolumbien
Kolumbien stellt im modernen Lateinamerika insofern eine Besonderheit dar, als dass in dem Land noch der einzige langjährige Konflikt herrscht. Dieser dauert nun schon etwas mehr als 40 Jahre an und zwischen den drei Konfliktparteien - der Regierung, den Paramilitärs (AUC) und den Guerillas (Farc und ELN) – scheint sich keine politische Lösung abzuzeichnen, denn Präsident Uribe verfolgt ein militärisches Vorgehen. Die kolumbianische Regierung bezieht aus den USA im Rahmen des so genannten „War on Drugs“ immer umfangreichere Militärhilfen und Waffenlieferungen - ein Trend, der eher als Konfliktfördernd gelten kann.

Fragen:
Ist der Fokus der kolumbianischen Regierung auf eine militärische Lösung Erfolg versprechend, insbesondere da eine Pattsituation besteht? Ist andererseits eine politisch Lösung denkbar, da die einzelnen Parteien durchaus vom weiteren Fortbestehen der Gewalt durchaus profitieren?

Hintergründe
AKUF
ICG I
ICG II

Analysen:
HSFK

International Monetary Fund
World Policy Institute I
World Policy Institute II

bearbeitet von Chi-Huy Tran